Der Herbst – Melancholie in Schwarzweiß
- veröffentlicht Oktober 11, 2024
Der Herbst war schon immer meine liebste Jahreszeit. Das war auch schon so, bevor ich die Fotografie für mich entdeckt habe. Ich mag den Geruch feuchter Erde und sich zersetzender Blätter. Die fallenden Kastanien und Eicheln, den Wind, das sich verfärbende Laub und manchmal sogar den Regen. Und den Nebel, der eine ganz neue Welt kreiert. Die düstere Stimmung versetzt mich in eine melancholische Stimmung, in der ich mich ganz wohl fühle.
Eine unergründliche Liebe
Auch, wenn das bunte Laub dazu einlädt Fotos in Farbe zu entwickeln gibt es für mich nichts schöneres, als trübe Herbstfotos in Schwarzweiß. Dunkel, körnig und gern auch absichtlich unscharf. Die Liebe zu Fotos dieser Art ist für mich ähnlich unergründlich, wie die Liebe zum Herbst. Sie ist einfach da. Das spiegelt auch einen Blick auf meine Bildbände wider, die in meinem Regal stehen.
„1-2-3-4″ von Anton Corbijn zeigt wunderschöne dunkle und körnige Fotos von vielen Musikern. Von R.E.M. über Nirvana, U2 bis hin zu Depeche Mode. Dazu gibt es auch Textbeiträge einiger Musiker, die von der Arbeit mit Anton Corbijn erzählen. Für mich ist er einer der besten Menschen-Fotografen, vor allem was Gruppenfotos angeht. Was so aus der Hüfte geschossen und ungestellt aussieht ist bei näherem Hinsehen total durchdacht.
„Gesichter des Nordens“ von Ragnar Axelsson ist ein grandioses Werk über die Menschen und das Leben in Island, Grönland und auf den Färöer Inseln. Neben der unfassbaren Landschaft und den für uns kaum noch vorstellbaren Lebensbedingungen gibt es toller Portraits der Einheimischen. Und dazu so liebevoll gestaltete Texte, dass man in dem Buch versinken kann. Ein wenig erschrocken bin ich, als ich gerade sah, dass das Buch gebraucht derzeit bei 370 EUR gehandelt wird. Ich würde es nicht für ein Vielfaches hergeben.
Beide Bücher sind bestens dazu geeignet, um es sich für einige Zeit gemütlich zu machen. Mit einer Decke, einem Kakao oder Kaffee vor dem lodernden Ofen während Draußen der Regen an die Fenster peitscht.
Nebeliger Herbst-Samstag
Von peitschendem Regen waren wir am letzten Samstag ganz weit weg. Stattdessen hüllte der bereits angekündigte Nebel alles um uns herum in eine graue Decke. Mein Plan am Tag zuvor war es loszuziehen und Nebel-Fotos in einem schönen Waldstück bei uns in der Nähe zu machen. Nun wusste ich aber aus sicherer Quelle, dass ausgerechnet dort gar kein Nebel in den Bäumen hing.
Ich war ein wenig unschlüssig, ob ich tatsächlich noch zum Fotografieren losfahren sollte. So stand ich gegen 9 Uhr in der Küche und bereitete den Rest unserer Paprika-Ernte für den Gefrierschrank vor. Mit der ständigen Überlegung und Blick aus dem Fenster, an welche schöne Plätze ich fahren könnte, um doch noch zu fotografieren. Schlussendlich war es dann meine Frau, die sagte, ich solle unbedingt einfach losfahren.
Die Kamera war griffbereit. Natürlich – wann ist sie es nicht? Ich setzte mich ins Auto ohne eine Idee, wo ich denn überhaupt hinfahren wollte. War es nicht eigentlich egal? Schlimmstenfalls würde ich ohne Nebelfotos zurückkommen, hätte aber sicher eine schöne Zeit an der frischen Luft. Ich entschied mich spontan für die entgegengesetzte Richtung zum eigentlich auserkorenen Waldstück.
Ich fuhr durch mal mehr, mal weniger dichten Nebel. Der Sonne entgegen, die alles gab, um den Nebel zu durchbrechen. Immer wieder war ich versucht anzuhalten und Fotos zu machen. Es war aber noch nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Es war viel zu nah am Alltag, an der befahrenen Straße und zu dicht an den Häusern.
Eine gute Viertelstunde nahm ich bekannte Wege, bevor ich einfach irgendwo in die Felder fuhr. Aufgrund der laufenden Maisernte war ich mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee sein würde. Sie war nicht nur gut, sie war großartig. Ich traf in der ganzen Zeit keine Menschenseele.
Hereinspaziert
Es war wie das Tor zu einer anderen Welt. Der Nebel schien jedes Alltagsgeräusch zu absorbieren und nur die Rufe der Zugvögel und das Geräusch meiner Schuhe auf dem Schotterweg durchzulassen. Ein leichter Wind trieb den Nebel über die großen, abgeernteten Felder und weitläufigen Wiesen. Ich hätte am liebsten das Auto irgendwo abgestellt und wäre stundenlang zu Fuß weitergegangen. Mein schlechter Orientierungssinn sprach dagegen. Vor allem aber der Zeitfaktor. Denn irgendwann würde die Sonne den Nebel vertrieben haben.
Immer wieder hielt ich an, stieg aus und suchte mir schöne Motive und Blickwinkel. Ging ein paar Schritte ins nasse Gras bis meine Socken ebenso nass waren. Egal. Ich führ über kleine Brücken über Gräben, entdeckte Wanderwege und war sehr überrascht, dass ich das alles in den letzten dreizehn Jahren verpasst hatte.
Nach etwa einer Stunde lichtete sich der Nebel. Aus Grau wurde Blau, aus Dunkel wurde Hell. Es war Zeit nach Hause zu fahren.
Und nun ist es Zeit die Fotos mit Dir zu teilen.
Während ich mir Fotos ansehe, höre ich oft ein wenig Musik. Ich habe ein Lied ausgesucht, was für mich sehr gut zu den folgenden Fotos passt. Mach also gern die Musik an und klicke auf das erste Bild. Dann kannst Du Dir jedes Bild ganz in Ruhe in Groß anschauen.
Kommentare
Alex
Oktober 11, 2024 at 7:14 pmHey Andreas,
Freut mich sehr, wie sich die Seite nun entwickelt. Wie ein fortlaufender Bildband deiner großartigen Bilder und deiner beneidenswerten Texte. Ich bin sehr gespannt, was es hier bald noch zu entdecken gibt.
Liebe Grüße Alex
Andreas
Oktober 11, 2024 at 7:26 pmHey Alex,
auch an dieser Stelle nochmal vielen Dank für Deine Hilfe und Unterstützung meiner Gehversuche mit WordPress. Vielen Dank auch für die Blumen zu meinen Bildern und Texten. Ich bin auch ganz gespannt, was sich hier noch alles entwickeln wird. Und als nächstes schaue ich mal auf Deinem Blog vorbei, denn da gibt es glaube ich auch einen neuen Beitrag, den ich noch nicht gesehen habe.
Liebe Grüße
Andreas
Csilla
Oktober 12, 2024 at 6:13 pmGestern öffnete ich schon den Link bei WhatsApp, der mich hierher führte. Die Zeit konnte ich mir allerdings erst heute nehmen um deine wieder so toll geschriebenen Zeilen in aller Ruhe durchlesen zu können. Wie gut, dass du doch noch im Nebel unterwegs warst und diese stille und stimmungsvolle Momente einfingst. Es lohnte sich hier vorbeizuschauen, mach weiter so und habe weiterhin viel Spaß und Freude dran.☺️
Andreas
Oktober 14, 2024 at 5:46 pmLiebe Csilla,
ich freue mich sehr, dass Du vorbeigeschaut hast. Vielen Dank für die lieben Worte.
Ich hoffe, wir laufen uns im nächsten Jahr mal über den Weg.
Liebe Grüße