Analoge Fotografie – entschleunigte Überraschung


Nina ist eine im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Fotografin und vor allem im Bereich der dokumentarischen Familienfotografie unterwegs. Analoge Fotografie ist offensichtlich ihre Leidenschaft. Sie schrieb mich neulich bei Instagram an. „Bei deinen tollen Bildern denke ich immer, ob du nicht auch mal analog fotografieren möchtest?“ Durch das Kompliment aus ihrem Mund bzw. ihren Fingern zu meinen Fotos bin ich um mindestens 10 Zentimeter gewachsen und musste erstmal in mein Regal gucken. Dort stehen meine beiden kleinen, analogen Schätzchen. Zu meiner Überraschung waren es sogar Drei. Ich hatte tatsächlich eine Kamera vergessen, die ich mir im letzten Jahr gekauft hatte. Und was ich noch fand war ein belichteter, aber unentwickelter Schwarzweiß-Film.

Eine Wundertüte

Drei Fragen ploppten in meinem Kopf auf:

  • Wie lange steht die Filmdose da schon?
  • Mit welcher Kamera habe ich fotografiert?
  • Und vor allem: Was ist auf dem Film zu sehen?

Die Antworten würde ich nur bekommen, wenn ich den Film mal entwickeln lassen würde. Meine analogen Gehversuche in der Fotografie sind an einer Hand abzuzählen. Denn günstig ist der Spaß nicht. Während die Kameras oft zum Schnäppchenpreis zu erwerben sind, wurden die Filme in den letzten Jahren aufgrund der Retro-Welle echt teuer. Auch für die Entwicklung der Filme muss man ein wenig in die Tasche greifen. Mal mehr, mal weniger.

Analoge Fotografie ist kein günstiges Vergnügen

Bislang hatte ich nur zwei Anbieter ausprobiert. Einen Anbieter im Süden Deutschlands. Dort bekam ich die Ergebnisse sehr schnell übermittelt, war mit der Qualität sehr zufrieden. Mit fast 25 EUR für die Entwicklung und die Dateien waren die Kosten aber schon so hoch, dass eine Ausweitung der entschleunigten Fotografie echt aufs Portemonnaie drücken würde.

Bei der Drogerie ums Eck war es zwar günstiger, die Qualität okay, aber vier (!) Wochen Entwicklungszeit sind mir – bei allem Wunsch nach Entschleunigung – doch deutlich zu lang.

Ich erinnerte mich an eine Podcast-Folge, in der in den höchsten Tönen von einem Anbieter in Bonn berichtet wurde. Da ich nicht wusste, was überhaupt auf dem Film sein würde, sollte die geringste Scanqualität reichen. Abzüge brauchte ich auch nicht – ich kann ja auch selbst drucken, falls ein schönes Bild dabei sein sollte. So kostete mich die Entwicklung tatsächlich nur 7,50 EUR zzgl. 2,75 EUR, um den Film nach Bonn zu bekommen. Ein Schnäppchen.

Analog hin, digital zurück

Am Montag nachmittags zur Post gebracht, erhielt ich bereits am Freitag eine E-Mail mit dem Downloadlink zu meinen Fotos. Große Erwartungen hatte ich nicht. Das war vielleicht noch eine Lehre aus dem allerersten Film, den ich vor Jahren aus der Entwicklung zurückbekam. Statt 36 Meisterwerke bekam ich ganz genau EIN Bild. Anscheinend hatte der Weitertransport des Filmes nicht geklappt und ich habe den Film 36 Mal an der gleichen Stelle belichtet. Sah interessant aus, aber war nicht das Wunschergebnis.

Das Herunterladen funktionierte problemlos. Nach der ersten Durchsicht wusste ich schon mal, dass ich den Film in der Canon AE1 hatte. Nicht in der zuletzt erworbenen Nikon. Und ich wusste auch, dass der Film schon mindestens 1,5 Jahre unentwickelt in der Dose lag. So lange war nämlich der Aufenthalt auf Langeoog her. Man stelle sich vor, ich würde digital gemachte Fotos 1,5 Jahre auf einer Speicherkarte lassen und sie nicht anschauen. Undenkbar.

Die ungeschönte Wahrheit

Was Du im Folgenden siehst sind alle 36 Bilder, die auf dem Film waren. Sie sind gänzlich unbearbeitet. Die ersten beiden Bilder sind anscheinend entstanden, als ich den Film eingelegt und aufgespult habe. Das war wohl ein wenig zu weit. Also geht die bewusste Fotografie erst ab Bild Drei los. Klicke einfach auf ein Foto, dann kannst Du Dir Foto für Foto in Groß anschauen. Und wenn Du magst, kannst Du beim langsamen Durchblättern ein wenig Musik laufen lassen. Für diese Bilder habe ich mir folgenden Song ausgesucht.

Mein Fazit: Durchaus überrascht

Nehmen wir mal die ersten beiden und das matschige Hundefoto raus, sind alle Anderen technisch doch mehr oder weniger gelungen. Die leichte Unschärfe war nicht immer gewollt, aber wer mich kennt weiß, dass ich ein riesiger Fan von leicht unscharfen Fotos bin. Gerade in Schwarzweiß. Das kann man zum Beispiel sehr gut bei meinen Nebel-Fotos sehen. Die Belichtung war in den meisten Fällen mindestens okay, der Bildausschnitt ebenfalls. Was ich richtig, richtig gut kann, ist schief fotografieren 😁. Das lässt sich im Nachhinein natürlich problemlos korrigieren.

Wenn ich bei der Entwicklung gegen Aufpreis eine höhere Auflösung und ein anderes Dateiformat gewählt hätte, hätte ich die Fotos auch noch ein wenig digital verbessern können. Die Frage ist, ob ich die Fotos noch weiter bearbeiten möchte oder ob ich sie so akzeptiere, wie sie sind. Die Antwort ist einfach: Sofern es mich stört, werden die Fotos begradigt. Ansonsten werde ich sie aber nicht nachbearbeiten.

Inhaltlich sind die Bilder natürlich keine Meisterwerke, aber schöne Erinnerungen. Zwei oder drei Bilder würde ich mir davon sogar aufhängen. Mein persönliches Lieblingsfoto ist dieses (auch wenn oder gerade weil der Horziont schief ist):

Inzwischen habe ich übrigens die vergessene Kamera mit einem Film gefüttert und auch bereits die ersten Bilder gemacht. Die Lust auf analoge Fotografie ist wieder da.

Wenn Du Lust hast, schreib mir gerne, welches Dein Lieblingsbild ist und warum. Und vielleicht kannst Du ja auch was zu Deinen analogen Gehversuchen erzählen und wir voneinander lernen.

Kommentare

  • Lorena

    Oktober 20, 2024 at 4:03 pm

    Ich kann mich gar nicht „nur“ für ein Bild entscheiden! Ich finde einige davon richtig toll und sehr gelungen!!! Und spannend zu lesen, was es inzwischen kostet, solche Dinge entwickeln zu lassen….
    Wir hatten mal ein Projekt in der Schule dazu, aber davon ist leider kein einziges Bild was geworden, weil die Kamera anscheinend nicht mehr funktioniert hat – schade, denn wir hatten sogar die Bilder selbst im Fotolabor entwickeln können…

  • Andreas

    Oktober 20, 2024 at 8:04 pm

    Ganz lieben Dank, Lorena!
    Die Preisentwicklung ist teilweise schon heftig. Bei den Filmen liegt es wohl daran, dass die Nachfrage so sprunghaft gestiegen ist, dass zum Teil bestimmte Filme (Kodak Gold) nicht mehr zu bekommen waren. Bei der Entwicklung hängt es vielleicht damit zusammen, dass es nur noch ein paar wenige Labore gibt, die das anbieten. Von den gestiegenen Kosten seit „Du weißt schon was“ mal ganz abgesehen. Mit 7,50 EUR bin ich persönlich aber fein. Bei der Bundeswehr haben wir damals auch die Filme selbst entwickelt. Das einzig Sinnvolle, was ich dort in 12 Monaten machen durfte. Schwarzweiß ist wohl auch nicht so schwierig. Allerdings möchte ich die Fotos auch als digitale Datei haben, wozu ich dann wieder einen Scanner bräuchte. Und das lohnt sich für mich wirklich nicht.

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